Wil: Unsinnige Gratis-Parkplatz-Initiative der SVP

Eine Volksinitiative der Wiler SVP verlangt, dass öffentliche Parkplätze während 30 Minuten gratis sein sollen. Ein Kommentar von Sebastian Koller, publiziert in den Wiler Nachrichten vom 8. Oktober 2020.

Die Stadt Wil hat ein Verkehrsproblem: Die Zahl der Autos überschreitet regelmässig die Kapazität des Strassennetzes. Das ist nicht nur ärgerlich für jene, die im Stau stehen. Wer an einer Hauptstrasse wohnt, ist gesundheitsschädlichen Immissionen ausgesetzt, die teils massiv über den Grenzwerten liegen. Zudem steigt mit zunehmender Verkehrsdichte das Unfallrisiko – vor allem für Kinder und ältere Menschen. Und schliesslich kostet der Unterhalt von Strassen und Parkplätzen viel Geld.

Der motorisierte Verkehr ist also nicht gratis, sondern verursacht Umwelt-, Gesundheits- und Infrastrukturkosten, die von der Allgemeinheit getragen werden. Es ist nicht mehr als angemessen, wenn die Verursacher dafür eine Entschädigung leisten – zum Beispiel in Form von Parkgebühren.

Ein weiterer Ausbau des innerstädtischen Strassennetzes ist weder möglich noch wünschenswert. Daher gibt es für das Wiler Verkehrsproblem nur eine Lösung: Der motorisierte Verkehr muss auf ein erträgliches Mass begrenzt werden. Andere Städte machen es vor: Ein gut ausgebauter ÖV sowie sichere Fuss- und Velowege fördern den Umstieg auf effiziente Verkehrsmittel. So bleibt auf den Strassen Platz für jene, die wirklich auf das Auto angewiesen sind.

Die Gratis-Parkplatz-Initiative der SVP wäre ein Schuss ins Knie, denn auch in der Verkehrspolitik gilt die Regel: Sinkt der Preis, steigt die Nachfrage. Das würde bedeuten: noch mehr herumstehende Autos, Suchverkehr, Stau, Emissionen und Unfälle. Die Standortattraktivität würde damit nicht erhöht, ganz im Gegenteil.

Wollen wir in unserer Stadt ein florierendes Gewerbe, müssen wir ganz andere Massnahmen ergreifen: Grosszügige und begrünte öffentliche Plätze, originelle Architektur, verkehrsberuhigte Strassenräume sowie vielseitige Freizeit- und Kulturangebote bringen Leben ins Stadtzentrum und sind der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg.

Wer Kopfschmerzen hat, sollte sich nicht mit dem Hammer auf dem Kopf schlagen. Genauso wenig sollte eine Stadt, die ein Verkehrsproblem hat, den motorisierten Verkehr durch Fehlanreize weiter fördern. Die SVP verdient für ihre unsinnige Initiative den «goldenen Vollpfosten» und eine deutliche Abfuhr an der Urne.

Sebastian Koller,
Politischer Sekretär GRÜNE Kanton St.Gallen,
Stadtparlamentarier GRÜNE prowil